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University of Graz University Library Graz News Weihnachtsgrüße aus dem Spätmittelalter
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Wednesday, 17 December 2025

Weihnachtsgrüße aus dem Spätmittelalter

Weihnachtslied ©UniGraz/Sondersammlungen

Wir wünschen allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie allen Studierenden der Uni Graz eine frohe Weihnachtszeit!

Universitätsbibliothek Graz, Ms. 1972 (fol. 37v-39r)

Papier, 197 Bl., 140 x 100mm, 2. Hälfte 15. Jhd., Provenienz unbekannt

Handschrift und Lied

Die Handschrift enthält im Wesentlichen geistliche Texte in deutscher Sprache (u.a. die St. Georgener Predigten und die Indulgentiae ecclesiarum urbis Romae dt.) sowie eine Reihe geistlicher und weltlicher Lieder. Das im Nachfolgenden transkribierte und übersetzte Weihnachtslied ist der (Lied-)Forschung in der vorliegenden Form bislang offenbar unbekannt. Das Lied selbst besteht aus acht Strophen mit jeweils sechs Versen, die recht inkonsequent gereimt sind. Das Lied thematisiert die Geburt Christi im Rahmen der Reise der drei Weisen aus dem Morgenland, die Frohbotschaft der Engel sowie die Verkündigung an die Hirten. Nicht unbekannt dürfte zumindest den zeitgenössischen Rezipient:innen indes die Melodie des Liedes gewesen sein, denn im Anschluss an die Niederschrift der sorgfältig angelegten acht Strophen folgt die knappe Notiz: „In der Melodie: Der tag wol durch die wolcken drang.“ Bei dem Grazer Lied handelt sich demzufolge um die Kontrafaktur eines anderen, zur Entstehungszeit bekannten (Weihnachts-)Liedes. Neue Lieder auf bekannte Melodien (mhd. wîse) zu dichten, ist übrigens nicht nur ein im gesamten Mittelalter übliches Verfahren in der Liedkunst, so ist etwa das berühmte Lied Morning has broken von Cat Stevens – quasi umgekehrt wie in unserem spätmittelalterlichen Fall – aus einem alten schottischen Weihnachtlied entstanden.

Text

  1. Die heiligen dreӱ kunig hüben sich auf das gespor,
    sӱsüchten das vil klaine.
    der stern lewcht in ewen dar,
    sӱ funden Maria die raine[n]
    mit jrem klainen kindelein,
    ain esel, ain rint vnd Joseph nur alleine.
  2. Sӱ eilten also schnellicklich
    czu jrer reichen gab
    vnd [lies: vmb] deren eren den kunig reich,
    der in armüt vor in lag
    auf ainem herem krippelein in ainem stall,
    der was den armen gemain.
  3. Sӱ naigten sich auf ire knie
    willichlichen auf die erden nider.
    got vnd mensch anpeten sӱ hie,
    der von himel kam nider.
    sӱ opfferten im weirach mirren vnd golt,
    er ist in holt vnd liebt in ewigklichen.
  4. Wie wol sӱ in funden an schnöder stat,
    den schöpffer von himel,
    noch dann so wurden sӱ wol czu rat,
    das si in wolten eren.
    sӱ dienten im da mit allem fleiß,
    kan [†] andacht erlangen von Jesu vil werden.
  5. Da Jesus Christus geporen ward,
    do sungen die engel gar schone.
    si lobten got mit reichem schal 
    in dem öbresten trone.
    si sungen im all gloria
    er tregt auch wol der eren ain hoche krone.
  6. die hirten wachten in irer hüt,
    si sachen die steren auf dringen.
    si horten gesang gancz hocher müt,
    die engel laut erklingen:
    „deo in excelsis gloria  - 
    frid auf erdden, menschen ain güten willen.“
  7. Die engel redten den hirten czu:
    „wir verkunden ewch newe märe!
    euch nahet frid vnd ainikait czu,
    Messias kumpt ewch mit lere.
    er ist czu Betlechem geporen
    von ainer magt hat er im auserkorn.
  8. Si eilten hin gen Betlechem,
    das newe wort czu sechen.
    die new gepurt daucht si fremdt,
    als es Ysaias tüt sprechen:
    „sölich wunder auf erden nie geschach
    vnd geschicht hin fur nymmer ewigklichen.“ 

Jn der weiß der tag wol durch die wolcken drang

 

Literatur in Auswahl

  • Kern, Anton: Die Handschriften der Universitätsbibliothek Graz, Bd. 2 (Handschriftenverzeichnisse österreichischer Bibliotheken, Steiermark 2), Wien 1956, S. 374-376.
  • GW. Incunable M18321
  • Digitalisat der Handschrift: urn:nbn:at:at-ubg:2-29491

Gemeinsame Projektarbeit der Teilnehmerinnen und Teilnehmer des fachwissenschaftlichen MA-Seminars „Medien und Literalität (Von der Handschrift zum Buchdruck)“, Institut für Germanistik, Germanistische Mediävistik, Univ.-Prof. Dr. Julia Zimmermann

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